Was machen eigentlich die Schiedsrichter*innen im HFV, wie sind sie organisiert und wie ticken sie? Wir bringen Licht ins Dunkel und stellen wir hier nach und nach die acht Bezirks-Schiedsrichterausschüsse (BSA) des HFV vor. Heute an der Reihe: der BSA Alster. Wir sprechen mit Obmann Stephan Timm & Co. über eine tolle Truppe, Nachwuchsprobleme und Corona-Sorgen.

Obmann ist Stephan Timm (Egenbüttel). Zusammen mit seinen Beisitzern Benjamin Stello (Egenbüttel), Kevin Klüver (Eintracht Norderstedt) und Jouri Savitchev (Norderstedter SV) kümmert er sich um die Vorstandsangelegenheiten. Dazu gehört außerdem Jörn Ole Augustin (SC Victoria) als kooptiertes Mitglied im Vorstand.
Kontinuität ist das Stichwort in der Vorstandsarbeit des BSA: Stephan Timm ist seit 20 Jahren dabei, davon 12 Jahre als Obmann, und Benjamin Stello seit 12 Jahren. „In der Kombination mit jüngeren und engagierten Schiedsrichtern im Vorstand sorgt das für einen guten Austausch, immer neue Ideen und Sichtweisen und viel Reflexion für das eigene Handeln“, freut sich Stephan Timm.

Gemessen an den Schiedsrichter*innen, Mannschaften und durchgeführten Spielen ist der BSA Alster der größte BSA in Hamburg. Ihm gehören zudem die mitgliederstärksten Vereine in Hamburg an. Insgesamt gibt es im BSA Alster aktuell rund 500 aktive Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen, wovon etwa 30 Frauen sind. Mit aktuell 18 Personen stellt man aktuell die meisten VSA-Schiedsrichter*innen im HFV.
Ähnlich wie in den anderen Bezirken kann auch der BSA Alster die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Schiedsrichterwesen noch nicht richtig überblicken. „Wir erleben bei denen, mit denen wir in Kontakt sind, weiterhin eine große Verbundenheit zum Ehrenamt“, berichtet Benjamin Stello. Andererseits sei nach der langen Spielpause unklar, was in den Vereinen vor Ort passiert ist. Klarheit bringe daher erst die Rückkehr zum Spielbetrieb, den sich auch der BSA Alster sehnlichst wünscht.

Neben Corona ist der geringe Frauenanteil ein Thema, mit dem viele Bezirke zu kämpfen haben. Sowohl in der Ausbildung als auch unter den aktiven Schiedsrichter*innen gibt es beim BSA Alster sehr wenige Frauen. Dabei verliefen auch gezielte Förderangebote an die Schiedsrichterinnen im Sand, beklagt der BSA Alster. „Wir haben schon mehrfach versucht, Mädchen und Frauen gezielt und engmaschig beim Schiedsrichtern zu begleiten. Es ist aus unserer Sicht aber auffällig, dass gerade diese sich im Konflikt zwischen dem aktiven Spielen in einer Mannschaft und der Leitung von Spielen im Zweifel für erstere Variante entscheiden“, erkennt Benjamin Stello das Problem.
Dabei ist nicht nur der geringe Frauen-Anteil, sondern der gesamte Nachwuchs ein Problem: „Leider bilden wir nur gegen den Schwund aus“, bedauert Jouri Savitchev. Denn viele Neue hören relativ schnell wieder auf oder pfeifen gar nicht erst. „Aber wir haben auch viele junge, sehr motivierte und leistungsbereite Schiedsrichter, die lernwillig sind, sich beteiligen und engagieren. Dies honorieren wir dann auch schnell mit der entsprechenden Wertschätzung und gucken bei den Spielen zu und geben Feedback, halten den Kontakt und tauschen uns über die Spielleitungen mit den Schiedsrichterinnen aus“, freut sich Jörn Ole Augustin. Und dieses Engagement zahle sich aus, denn diese Jungs und Mädels kommen oft schon mit 16 oder 17 Jahren in der Bezirksliga an.
„Leistungstechnisch sind wir aber sehr zufrieden mit denen, die regelmäßig pfeifen. Wer erstmal dabei ist, bleibt auch oft dabei“, berichtet Kevin Klüver. Aber gerade bei den Jugendlichen sei der Schwund groß, denn die meisten spielen oder trainieren selbst noch – und da stehe die Schiedsrichterei oft hinten an. Auch Misserfolge und enttäuschte Erwartungen bei fehlendem Erfolg, etwa wenn man nicht in höhere Klassen aufsteigt, könnten dazu beitragen, die Pfeife nicht mehr in die Hand zu nehmen. Auch Gewalterfahrungen – zum größten Teil eher verbal als körperlich – machten das Hobby unattraktiver. Dabei biete die Schiedsrichterei so viele positive Seiten, wie die besondere Gemeinschaft oder „die große Möglichkeit als junger Mensch seine Persönlichkeit zu entwickeln, zu lernen, unter Druck Entscheidungen zu treffen und diese glaubwürdig zu vertreten“, findet Jörn Ole Augustin.

Dass es auch weit nach oben gehen kann auf der Karriereleiter, zeigen aktuelle und ehemalige Gesichter: Mit Clemens Neitzel-Petersen als Assistent ist der BSA Alster derzeit prominent in der Bundesliga vertreten. Luca Jürgensen pfeift in der Regionalliga und assistiert in der 3. Liga.

Wie die anderen Bezirke bietet auch der BSA Alster normalerweise zweimal im Jahr einen Anwärter-Lehrgang an. Dazu wird das Clubheim Sternschanze (oder alternativ Egenbüttel) genutzt – eigentlich. Denn aufgrund der Corona-Lage mussten diese zuletzt immer wieder ausfallen. Also hat man mit einem Outdoor-Anwärterlehrgang auf dem Sportplatz in Egenbüttel unter freiem Himmel ohne jegliche Medien und Regelhefte ein Pilotprojekt gestartet, dass es ermöglicht, den Nachwuchs weiterhin auszubilden. „Mit 100 Prozent bestandenen Prüfungen war das ein sehr erfolgreiches und tolles Projekt“, erzählt Jouri Savitchev.

Auch ohne Strafen sei das Training gut besucht, berichtet Kevin Klüver, denn Trainieren wird im BSA als Voraussetzung für Ansetzungen gesehen und wird erwartet. Dank der guten Kameradschaft werde es auch gerne angenommen. „Schiedsrichter belohnen sich durch gute Leistungen selbst, dazu gehört auch die aktive Teilnahme am BSA-Leben“, erklärt Benjamin Stello. Die VSA-Schiedsrichter, die das Training leiten, haben dort selbst alle einmal angefangen und können dem BSA so etwas zurückgeben“, erzählt Kevin Klüver. „Wir freuen uns über das Engagement und die Verbundenheit zum BSA. Außerdem hilft das ein Netzwerk aufzubauen. Denn die BSA-Schiedsrichter und -Schiedsrichterinnen haben die Möglichkeit sich auszutauschen und voneinander zu lernen“, ergänzt Stephan Timm.
Digital sind auch die Lauf-Einheiten geworden: Mit der Strava-App nehmen die Leistungsschiedsrichter*innen an Lauf-Challenges teil – für die Motivation gibt es sogar Preise für die Wochen- und Gesamtsieger. Dabei war die Planung erst gar nicht so einfach: „Wir haben uns vorher viele Gedanken gemacht, wie man die Herausforderung für alle Altersklassen fair gestaltet; am Ende hat der Älteste alle Rekorde gebrochen und mit Abstand die meisten Kilometer gemacht und hätte gar keine Einteilung in eine andere Altersklasse gebraucht“, erzählt Jörn Ole Augustin. Außerdem wird „Selfie Bingo“ gespielt, wobei man Fotos von sich in verschiedenen Posen beim Laufen macht.
Auch abseits des Trainings wird es digital bei Online-Abenden für Leistungsschiedsrichter*innen und Schiedsrichter-Obleute. „Wir versuchen, insgesamt zusammengefasste Angebote zu schaffen, um den Kontakt zu halten“, erklärt Jouri Savitchev.
Auch der Spaß kommt normalerweise im BSA Alster nicht zu kurz – wäre da nicht Corona. Weihnachtsfeiern, Sommerfeste, Weihnachtsmarkt-Besuche, Kanu-Fahrten, Minigolf oder Grillen –Anlässe zum geselligen Zusammensein gibt es hier reichlich, wenn kein Corona ist. „Auch nach dem Herbert-Kuhr-Turnier, dem Hallen-Turnier für Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen im Januar, kommt die Mannschaft abends gerne noch zum Essen und Feiern zusammen“, erzählt Kevin Klüver – und das nicht nur bei ausgelassenen Feiern: „Die Unterstützung und Gemeinschaft im Schiedsrichterbereich sind grundsätzlich größer als man als außenstehende Person vielleicht denken würde“.