Harburg/Bostelbek. Harburgs Fußballfans trauern um einen ihrer erfolgreichsten Nachkriegskicker: Oskar Lewandowski aus dem Stadtteil Bostelbek ist am vergangenen Sonntag nach langer und schwerer Krankheit im Alter von 81 Jahren in seinem Haus im Beisein seiner Frau Rita und seiner Kinder und Enkel friedlich eingeschlafen. Der gebürtige Harburger, der in den 1960er-Jahren zu Hamburgs besten und erfolgreichsten Fußballern gehörte, litt in den vergangenen Jahren unter Asbest-Krebs. Diese Krankheit hatte er sich nach Angaben seiner Frau während seiner Tätigkeit auf einer Werft in seinen jungen Jahren zugezogen.
Oskar Lewandowski, den die Harburger Fußball-Fans liebevoll „Ogger“ nannten, war eine echte lokale Fußballgro?ße in Harburg. Das Urgestein des Bostelbeker SV spielte von 1957 bis 1964 fu?r den Harburger Turnerbund (HTB) in der damals zweitho?chsten deutschen Spielklasse (Amateurliga Hamburg), ehe ihn eine schwere Knieverletzung fu?r ein Jahr außer Gefecht setzte. Er kam sogar zu internationalen Ehren, bestritt 1963 bei den Pre-Olympischen Spielen in Tokio ein (inoffizielles) La?nderspiel fu?r die bundesdeutsche Amateur-Nationalmannschaft. Die Reise in den Fernen Osten beeindruckte den Harburger damals sehr. Dort traf er sogar auf den japanischen Kaiser.
Die scho?nste Anekdote aus der „guten alten Zeit“ des Fußballs war für ihn, dass ihn der damalige Bundestrainer Sepp Herberger einmal in Lewandowskis Kneipe „Krug zum gru?nen Kranze“ in der Stader Straße in Bostelbek anrief. Lewandowski erzählte später: „Ich war nicht da und als ich wieder kam, dachte ich, dass meine Frau Rita mich auf den Arm nehmen wollte“, erinnerte er sich lachend und erga?nzte: „Das ist wohl das einzige Harburger Lokal, in dem Herberger jemals angerufen hat.“ Grund des Herberger-Anrufs war die Aufforderung an Lewandowski, sich anla?sslich der Entscheidungsspiele um die Teilnahme an Olympia 1964 gegen die damalige DDR-Elf mit der offiziellen Kleidung des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) auszustatten.
U?brigens schied die DFB-Amateur-Elf (allerdings ohne Lewandowski) gegen die DDR-Nationalmannschaft aus. Da die DDR im Westen nicht als Staat anerkannt war (offizieller Sprachgebrauch: „Ostzone“), tauchen die beiden Partien nicht als La?nderspiele in der Statistik auf.
Lewandowski besaß seinen DFB-Anzug bis ins hohe Alter. Da er bis zuletzt eine sportlich-schlanke Figur hatte, konnte er den Anzug auch noch als fast 80-Jähriger tragen. Das tat er regelma?ßig am Silvestertag. Dann wurde der graue Blazer mit dem DFB-Emblem, das gru?ne Hemd und die gru?ne Krawatte mit eingearbeitetem Verbandswappen noch einmal fu?r eine halbe Stunde aus der Mottenkiste geholt.
Für den Hamburger Fußball-Verband bestritt Lewandowski zahlreiche Auswahlspiele und gehörte 1961 zu dem Team, das den DFB-Länderpokal gewann!
„Mora“ Menk, ebenfalls ein einst bekannter Harburger Kicker, erinnerte sich vor Jahren an eine typische Szene für Oskar Lewandowski: „Ogger legte sich einmal in einem Verbandsliga-Spiel einen indirekten Freistoß selbst vor. Er hob, weil niemand ihm zu Hilfe gekommen war, den Ball in die Luft und drosch ihn selbst auf das gegnerische Tor. Und er wunderte sich danach, dass wir alle lachten – und der Schiedsrichter den Freistoß wiederholen ließ. Fu?r Ogger, den Straßenfußballer, war der Freistoß aber absolut regelgerecht ausgefu?hrt worden, weil er es beim Daddeln immer so gemacht hatte – herrlich.“
Nach seiner Tätigkeit auf einer Werft arbeitete Lewandowski viele Jahre lang als Schokoladen-Vertreter für die Firma Sprengel. Außer seiner Frau Rita hinterlässt Lewandowski Sohn Sven, Tochter Heike sowie drei Enkel und zwei Urenkel. Sohn Frank war vor Jahren ebenfalls an einer Krebskrankheit gestorben.
Klaus Buchholz, viele Jahre lang Vizepräsident des HTB: „Mit Ogger Lewandowski ist einer der besten Nachkriegs-Fußballer Harburgs von uns gegangen. Er hat dazu beigetragen, dass Harburg im Fußball-Deutschland plötzlich einen Namen hatte. Er bleibt unvergessen.“
Bei der Trauerfeier für Oskar Lewandowski am Dienstag, 28. November 2017, ab 14 Uhr auf dem Harburger Friedhof an der Bremer Straße werden sicher viele Fußballfans dabei sein. Der anschließende Abschied von der Harburger Fußball-Legende findet auf Wunsch des Verstorbenen in seinem Bostelbeker Vereinslokal statt.
Text: Wolfgang Gnädig, besser im blick