Themenwoche Frauen- und Mädchenfußball auf FUSSBALL.DE und dfb.de

4 Frauen- und 11 Mädchenteams: Wie geht das?

In dieser Woche läuft die Themenwoche Frauen- und Mädchenfußball auf FUSSBALL.DE und dfb.de. Einer der vielen Artikel geht um die Frauen- und Mädchenfußball-Abteilung des Eimsbütteler TV in Hamburg:

Mehr als 250 fußballbegeisterte Frauen und Mädchen gehen beim Eimsbütteler TV ihrer Leidenschaft nach. Vier Frauen- und elf Mädchenteams nehmen am Spielbetrieb teil. Wir haben anlässlich unserer Themenwoche Frauen- und Mädchenfußball beim Klub aus Hamburg, dessen weiblicher Nachwuchs seit 2011 unter dem Namen „ETV KickBEES“ am Ball ist, nachgefragt, was für eine erfolgreiche Vereinsarbeit im Frauen- und Mädchenbereich nötig ist.

„Neben Teamgeist, Leidenschaft und Spielfreude bieten wir ein hochwertiges Training und wollen den jungen Spielerinnen Werte vermitteln, die sie während ihres gesamten Lebens begleiten sollen“, beschreibt Dennis Tralau die Philosophie des Klubs. Der 28-Jährige trainiert neben der Oberliga-Frauenmannschaft des ETV Hamburg auch eine Mädchenmannschaft der „KickBEES“. Tralau ist seit 2014 dabei und engagiert sich mit insgesamt 26 weiteren Trainern*innen im Frauen- und Mädchenfußball.

Die ehemaligen ETV-Verantwortlichen Flemming Nielsen und Ulf Ancker gelten dabei als die Väter des Erfolges für die aktuelle Frauenfußball-Offensive in der Hansestadt. Das Duo, das bis 2011 erfolgreich beim Nachbarn FC St. Pauli im Mädchenfußball gearbeitet hatte, legte beim damaligen Vereinswechsel ein Konzept vor, das einen soliden Unterbau für ein starkes Frauenteam entwickelte. Nielsen, der im weiteren Verlauf zwischenzeitlich auch 1. Vorsitzender beim ETV wurde, hatte etwas geschaffen, was es in Hamburg zuvor noch nicht gab. Dabei richtete er das Hauptaugenmerk auf junge Spielerinnen, bot ihnen leistungsorientierten Fußball und einen Anlaufpunkt gleichermaßen.

Um die eigene Identität zu stärken, erschuf eine Hamburger Künstlerin ein spezielles Logo. 2011 wurden alle Mädchenteams in „ETV KickBEES“ umbenannt und die Trikots mit dem neuen Namen auf dem Rücken versehen. Motto: Weiblich, emsig, fleißig und das in einem funktionierenden Team – wie die Bienen!
Das Konzept ging auf. Zunächst eilten die Frauen von Erfolg zu Erfolg, wurden 2011/2012 Meister in der Kreisliga und sind inzwischen in der Oberliga, der höchsten Hamburger Spielklasse angekommen. Das sorgt für Aufmerksamkeit. „Unser Bekanntheitsgrad geht längst deutlich über die Stadtgrenzen hinaus“, sagt Cheftrainer Tralau. „Wir sind nicht die Mädchenfußballerinnen beim ETV, sondern wir spielen bei den KickBEES, sagen die Kinder, wenn sie über ihren Verein reden. Das schafft Identifikation.“ So hat der neue Name einen entscheidenden Anteil an der Anziehungskraft des Klubs, was auch anderen Vereinen als Vorbild dienen könnte.

Als einen wichtigen Baustein für dauerhaften Erfolg nennt Dennis Tralau das qualifizierte Training. „Zu den wichtigsten Entscheidungen im Mädchenbereich gehören die Auswahl guter Trainer*innen. Entsprechend viel Zeit lassen wir uns bei der Auswahl“, beschreibt der junge Cheftrainer. Häufig werden die ETV-Verantwortlichen, zu denen nicht zuletzt auch die „KickBEES“-Koordinatorin Janine Schlichting zählt, im eigenen Verein fündig. So sind zehn Mitglieder der Frauenteams gleichzeitig als Trainerinnen im Nachwuchsbereich tätig. Außerdem engagieren sich auch schon einige Mädchen aus den älteren „KickBEES“-Teams im Trainingsbetrieb bei den kleinsten Nachwuchsfußballerinnen.

Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Trainer zu schulen? Regelmäßig organisiert der ETV beispielsweise interne Trainerfortbildungen, die in eine „Future-Coach-Lizenz“ münden. Koordiniert werden die Lehrgänge und Fortbildungen vom hauptamtlichen Jugendkoordinator Jasper Hölscher. Daneben arbeiten viele Ehrenamtliche im Hintergrund. „Ohne die Ehrenamtler, die einfach nur Lust haben, mit Kindern zu arbeiten, geht es nicht“, sagt Tralau.

„Eine weitere Voraussetzung für ein erfolgreiches Zusammenarbeiten ist die menschliche und soziale Kompetenz im Umgang mit Kindern“, macht Tralau klar. Dabei spielen die Ergebnisse in der Aus- und Weiterbildung bei den“ KickBEES“ eine untergeordnete Rolle. Vielmehr will der Verein den Kindern auch Werte für deren Leben vermitteln. Ein Beispiel: 2018 hatten die ETV-Mädchen das Hamburger Pokalfinale verloren, waren allesamt enttäuscht. Dennoch war es für das gesamte Team eine Selbstverständlichkeit, bei der Pokalübergabe Spalier zu stehen und dem Gegner mit Applaus den nötigen Respekt zu zollen. Dazu Trainer Tralau: „Respekt, Fairness und Toleranz gegenüber seinen Mitmenschen werden bei uns in der Nachwuchsausbildung großgeschrieben.“
Die Kooperationen mit Schulen sind bei den „ETV KickBEES“ ein weiteres entscheidendes Puzzle-Teil für die erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Dafür zuständig ist die Kinder- und Jugendförderung („KiJu“), ein eigenständiges Tochterunternehmen des ETV. Dabei werden die Teilnehmer*innen von pädagogischen Fachkräften sowie von den „KickBEES“-Trainerinnen in Fußball-AGs oder bei der Nachmittagsbetreuung unterstützt. Auf diesem Wege entsteht oft der erste Kontakt der fußballbegeisterten Mädchen mit dem Verein. Auch über die ETV-Sommerferiencamps finden immer wieder junge Spielerinnen den Weg zum Fußball.
Am 1. Mai richtet der Verein zusätzlich den „Tag des Mädchenfußballs“ aus. 2020 fiel die beliebte Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie zwar erstmals seit vielen Jahren aus, ist aber nur aufgeschoben. Die Kinder dürfen beim „Tag des Mädchenfußballs“ ihr Können bei verschiedenen Parcours und einem Abschlussturnier beweisen. Jedes Mädchen kann mitmachen, Leistungsanforderungen gibt es nicht. „Anschließend fragen immer wieder viele Kinder, ob sie sich bei uns zu einem Probetraining vorstellen können“, sagt Tralau. Die „KickBEES“-Trainer*innen halten bei den Übungen gezielt nach möglichen Talenten Ausschau.

Auch innerhalb des Vereins wird viel geboten. So organisiert der ETV (sofern es die Corona-Pandemie zulässt) regelmäßig ein internes Hallenturnier, das unter der Aktion „Come-Together“ läuft. Alle „KickBEES“-Mannschaften werden dabei bunt gemischt. Jedes Team besteht aus Spielerinnen verschiedener Altersstufen. Das schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl und fördert die Identifikation mit dem Verein. Bei besonderen Spielen der Frauen-Oberligamannschaft werden auch schon mal die kleinsten „KickBEES“ ( F-Mädchen ) als Einlaufkinder an die Hand genommen.

Um stets attraktiv zu bleiben, möglichst viele Menschen anzusprechen und möglichst ganze Familien an den Verein zu binden, werden immer wieder kreative Ideen entwickelt. So wurde beim ETV vor vier Jahren die 4. Frauen-Mannschaft ins Leben gerufen, die bei der Gründung ausschließlich aus Müttern von Spielerinnen der „KickBEES“ und den männlichen Nachwuchsfußballern des Vereins bestand.

„Es hat zwar eine Weile gedauert, bis das Team sein erstes Spiel gewinnen konnte“, scherzt Dennis Tralau. „Mittlerweile hat sich das Team jedoch sehr gut weiterentwickelt und besteht jetzt auch nicht mehr nur noch aus Müttern. Der Spaß steht dabei eindeutig im Vordergrund.“ Dass für so viele Teams und Spielerinnen auch die Infrastruktur passen muss, versteht sich von selbst. Mit drei Kunstrasenplätzen und einem Kleinfeld-Fußballplatz hat der Verein für diese große Anzahl optimale Trainingsbedingungen geschaffen. Dabei wird der Walter-Wächter-Platz ausschließlich von den Frauen und den „KickBEES“ benutzt.
Um auf einen ähnlichen Zulauf hoffen zu können, sind jedoch auch außerhalb des Platzes und des Vereinsgeländes zahlreiche Aktivitäten notwendig, beispielsweise in den sozialen Netzwerken. Zwar finden beim „Tag des Mädchenfußballs“ oft schon erste Gespräche mit den Eltern auf dem Platz statt. Der spätere Kontakt läuft dann allerdings meistens über das Internet.
Dabei ist es vor allem notwendig, den Interessierten und Usern die Möglichkeit zu bieten, so zügig wie möglich den*die jeweils richtige*n Ansprechpartner*in erreichen zu können. Die Posts auf Facebook, Instagram und Co. versieht der Verein meistens mit den drei Hashtags #entwicklung, #zusammenhalt und #emotionen, mit denen die „ETV KickBEES“ drei wichtige Säulen für ihre sämtlichen Teams beschreiben.
„Ist man zu ausschweifend unterwegs, verliert man die Leute sehr schnell“, hat Dennis Tralau festgestellt. Für den Trainer hört das Engagement längst nicht nach den Einheiten auf. Unter anderem pflegt er die Facebook-Seite seines Frauenteams und ist auch dabei – logisch – immer sehr fleißig. Wie die Bienen eben.

Autor/-in: Peter Haidinger/MSPW

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