Es war vor genau 100 Jahren

Am Donnerstag, 21. April 1921, erschien ein Artikel im „Hamburger Anzeiger“ über ein Fußballspiel der Sportjournalisten gegen Sportbehörden. Eigentlich wie ein Aufruf, dieses Spiel – vielleicht zu Gunsten der Hamburger Sportvereine in Corona-Zeiten – 100 Jahre später zu wiederholen.
Also, wir sind dafür und nun ist es an Ihnen, Christoph Holstein (Sportstaatsrat) und Carsten Harms (1. Vorsitzender des Vereins Hamburger Sportjournalisten e.V.), die Neuauflage dieses Spieles nach 100 Jahren wieder stattfinden zu lassen?! 

Der Artikel ist ein Fundstück, das wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten, da es einerseits zeigt, welche Bedeutung auch vor 100 Jahren der Fußballsport in Hamburg hatte und anderseits auch inhaltlich humorvoll und interessant geschrieben ist. Dem Entdecker dieses Fundstücks, dem Journalisten und ehemaligen DFB-Schiedsrichter Lutz Lüttig, sei Dank! Also tauchen Sie mit uns ein in die Fußballwelt vor 100 Jahren, wo ein Fußballspiel zwischen Sportjournalisten und Mitarbeitern der Sportbehörde 2000 Zuschauer ins Stadion Hoheluft lockte:

Im Wohltätigkeitsspiel siegt die Presse mit 7:6 (4:3)
Wer nicht dabei war, hat etwas versäumt. Viele mag das kalte Wetter abgehalten haben, andere glaubten einfach nicht an die Verwirklichung des Aprilscherzes, immerhin waren es an die 2000 Zuschauer, und was die Hauptsache ist, zahlende Zuschauer, die dem Spiel ihr Interesse bekundeten. Der S.V. Viktoria (Anm.: SC Victoria) hatte in lobenswerter Weise seine gesamten Sportanlagen unentgeltlich zur Verfügung gestellt, wie er auch die Verteilung der Reklame-Plakate übernommen hatte. Den Bemühungen der Hohelufter Vereinsleitung sei an dieser Stelle Dank abgestattet. Da auch die anderen Unkosten freiwillig von hiesigen Zeitungen übernommen wurden, dürfte ein schönes Sümmchen der Gefangenen-Heimkehrerstelle zu überweisen sein. Nicht unerwähnt soll auch die Platzmusik der immer bereiten Polizei bleiben, die ab 5 Uhr der Menge das Warten angenehm verkürzte. 

Die Leitung des Spiels war vom ehemaligen Verbandsvorsitzenden Herrn Paul Koretz übernommen worden, der für ein solches Spiel wie kein zweiter geeignet erscheint. Um meinen bescheidenen Teil zum Gelingen des ganzen beizutragen, nahm ich die mir angetragene Rolle eines Linienrichters an. Diese Tätigkeit sowie die Beobachtung der vielen ergötzlichen Szenen aus nächster Nähe sind zum großen Teil Schuld am fehlenden Spielbericht. Der Hinweis auf die 13 Tore des Tages sollte auch zur Entschuldigung genügen. Soviel kann jedoch gesagt werden: Es hat in Hamburg noch kein Fußballwettspiel stattgefunden, bei dem die Lachmuskeln der Zuseher nur halb soviel gereizt wurden.
Man muß (sic) Cordua (Schriftleiter von Turnen, Spiel und Sport) im Tor der Pressemannschaft gesehen haben, um das ermessen zu können. Liebe Freunde hatten eine große Tafel mit der Aufschrift: „Bitte nicht schießen!“ für ihn anfertigen lassen und am Netz seines Heiligtums aufgehängt. Die Stürmer der gegnerischen Partei kamen dieser Bitte getreulich nach. Vor ihm stand in Otto Schwabe ein Mann, der bald der erklärte Liebling der Jugend wurde. Seine gewaltigen Abstöße unter tiefem Luftholen wurden das Entzücken seiner Stürmer. Bei der Behördenmannschaft ist mir das Spiel Dr. Sahlmanns in Erinnerung geblieben. Er war mit einem bemerkenswerten Ernst bei der Sache, so ganz Jugenderzieher. Zweimal gab ihm der Unparteiische Gelegenheit, Elfmeter-Strafstöße in Tore zu verwandeln und zweimal habe ich es aufrichtig bedauert, daß (sic) er in Karlsruhe beim Nord – Süd Spiel Adolf Jägers Posten bei einer ebensolchen Gelegenheit nicht vertreten hat. Die Zuschauer feuerten beide Parteien durch stürmische Rufe an, und böse Zungen behaupteten, der Schiedsrichter hätte den Ausgleich erzielen können. 

Ein Hohelufter Wirt hatte alles vorausgesehen. In seinem Lokal stand in großen Lettern geschrieben: „Hier können die Lachmuskeln geölt werden! Grog 4,50 Mark!“ Daß (sic) die Presse verdient gewann, bedarf keiner Erwähnung. Ein anderes Urteil wird man von mir nicht erwarten dürfen, in solchen kollegialen Dingen schiebt man die Objektivität einmal beiseite.
W. —er.

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