In Hamburg startet an diesem Freitag ein wegweisendes bundesweites DFB-Dialogforum. Bei der Veranstaltung „Integration im Dialog“ im Millerntor-Stadion mitten im Stadtteil St. Pauli werden 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Fußballvereinen und Verbänden an einem neuen Integrationsverständnis des DFB mitarbeiten.
„Erfolgreich sind integrative Bemühungen nur, wenn sie im Dialog mit allen Beteiligten entwickelt werden“, sagt DFB-Vizepräsident Eugen Gehlenborg. „Und der Integrationserfolg von Sportvereinen basiert nicht nur darauf, dass sie sich temporär für Flüchtlinge engagieren, sondern per se als Plattform perfekte Voraussetzungen für das Zusammenführen von Menschen bieten, unabhängig vom Alter, der Hautfarbe, des Geschlechts und ihrer Herkunft.“ In den kommenden Wochen findet Integration im Dialog in Saarbrücken (3. Mai), Dortmund (10. Mai), Frankfurt (17. Mai) und Leipzig (31. Mai) statt.
„Wir wollen in einem offenen, kritischen und fachlichen Austausch mit der Fußballbasis die Herausforderungen und Chancen der Integration besprechen“, gibt Cacau die Marschroute aus für das Forum im Millerntor. Der 23-malige Nationalspieler und Deutsche Meister der Saison 2006/2007, der seit November 2016 als Integrationsbeauftragter für den DFB das Land bereist, hat die Schirmherrschaft für Integration im Dialog übernommen. Cacau besucht vier der fünf Dialogforen.
Neben Cacau und Gehlenborg werden die Präsidenten des Hamburger – und Bremer Fußball-Verbandes Dirk Fischer und Björn Fecker im Ballsaal Süd erwartet. Auch Organisationen außerhalb des Fußballs wie etwa die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes, das Hamburger Beratungsbüro gegen Rechtsextremismus oder der gemeinnützige Verein „Zweikampfverhalten“ sind in Hamburg vertreten. Im Namen des Gastgebers FC St. Pauli wird Ewald Lienen das Plenum begrüßen. Der heutige Technische Direktor und ehemalige Trainer des FC St. Pauli, der gerade unter dem Titel „Ich war schon immer ein Rebell“ seine Memoiren veröffentlich hat, beabsichtigt auch an den Workshops teilzunehmen.
Wie sehr Vielfalt den Fußball prägt, belegt der Blick auf wenige Zahlen. Jedes fünfte DFB-Mitglied hat einen Migrationshintergrund. Das ist deutlich mehr als in anderen Sportarten. Und es entspricht in etwa der aktuellen Bevölkerungsstruktur Deutschlands, bei der ein Viertel der Einwohnerinnen und Einwohner zugewandert ist, ausländische Eltern hat, eingebürgert wurde oder als Spätaussiedler nach Deutschland kam. Die Zahl der Erstregistrierungen mit ausländischer Staatsbürgerschaft hat sich im Fußball zwischen 2013 und 2017 mehr als vervierfacht. In der Saison 2015/2016 waren es deutschlandweit mehr als 42.000, ein Jahr später schon 53.000. Zu Beginn des Jahres 2018 hatten 80.000 geflüchtete Menschen einen Spielerpass ausgestellt bekommen und spielen aktuell im Wettbewerb und damit unter dem Dach des DFB Fußball.
Zum Forum in Hamburg reisen Vertreter aus von fünf DFB-Landesverbänden an: Schleswig-Holsteinischer Fußballverband, Landesfußballverband Mecklenburg-Vorpommern, Niedersächsischer Fußballverband, Bremer Fußball-Verband und Hamburger Fußball-Verband. In Workshops werden am Freitag Fragen und Aufgaben diskutiert wie etwa „Was verstehen Sie unter Integration im Fußball?“, „Formulieren Sie drei konkrete Ziele für Integration im Fußball“, „Was sind aus Ihrer Erfahrung die Herausforderungen der Integration im Fußball?“. Nach der starken Flüchtlingseinwanderung von 2015, „Erdogan-Gate“ im WM-Sommer 2018, 3600 teilnehmenden Vereinen bei „2:0 für ein Willkommen“, den rassistischen Anfeindungen gegen Leroy Sané beim Serbien-Länderspiel und nach elf Jahren DFB-Integrationspreis erwarten der DFB und die ausrichtenden Landesverbände reichlich Redebedarf.
Die Teilnehmer der fünf Diskussionsforen werden das aus dem Jahr 2008 stammende Integrationskonzept des DFB in einem partizipativen Prozess überarbeiten. Das neue Konzept soll dem 43. DFB-Bundestag am 26./27. September in Frankfurt/Main vorgelegt werden.