Sitzung vom 12.8.2015
Betrifft: Berufung Germania Schnelsen gegen das Urteil des JRA vom 14.7.2015 betreffend die Vorfälle im Spiel Nummer 033 004 090 vom 14.6.2015 zwischen Germania Schnelsen 1.B und FC Türkiye 1.B ( Geldstrafe von 1.000,00 € wegen diskriminierender Äußerungen eines Offiziellen des Berufungsführers )
1.) Auf die Berufung wird das Urteil des JRA aufgehoben.
Das Verfahren gegen den Berufungsführer wird eingestellt.
2.) Die Berufungsgebühr wird erstattet.
Die Verfahrenskosten in Höhe von € 30,00 trägt der Berufungsführer.
3.) Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Begründung:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Verbandsgericht legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:
Das Spiel zwischen Germania Schnelsen 1.B und FC Türkiye 1.B wurde auf Veran-lassung des JRA in anderer Sache durch ein Mitglied des JRA beobachtet. Zufällig war ein weiteres Mitglied des JRA bei diesem Spiel anwesend. Seitens des FC Tür-kiye wurde unter dem 18.6.2015 schriftlich angezeigt, dass durch Offizielle des Beru-fungsführers Spieler des FC Türkiye mit dem Wort „Kanaken“ beschimpft worden seien. Der JRA hat diese Anzeige den das Spiel beobachtenden Mitgliedern des JRA zur schriftlichen Stellungnahme übersandt. Einer der Beobachter hatte derartige Äu-ßerungen nicht hören können, da er zu weit entfernt stand. Der andere Beobachter hatte angegeben, dass das Wort gefallen sei, er aber nicht habe einschätzen können, ob es sich um eine Wiederholung eines Zurufes eines Mitgliedes des FC Türkiye gehandelt habe, in Form einer Nachfrage, oder um eine Beschimpfung der Ge-genspieler. Beide Beobachter haben als Beisitzer des JRA an der Verhandlung und der Entscheidung teilgenommen. Sie haben ausweislich des Protokolls keine mündli-chen Angaben in der Verhandlung gemacht und standen dem Vertreter des Beru-fungsführers nicht für Fragen zur Verfügung.
Das Verbandsgericht hat den Beobachter vernommen, der das Wort „Kanaken“ nicht gehört hatte. Der andere Beobachter war entschuldigt der Verhandlung vor dem Ver-bandsgericht ferngeblieben. Weiter wurde der Co-Trainer des Berufungsführers ver-nommen.
Der Co-Trainer hat in sich schlüssig und glaubhaft vorgetragen, dass Personen des FC Türkiye seine Spieler unter anderem mit den Worten „Nazis“ und „Kanaken“ be-schimpften. Daraufhin habe er zu seinem Trainer gesagt, dass er eine Beschimpfung mit „Nazis“ verstehen würde, aber nicht mit dem Wort „Kanaken“.
Die Aussage des Co-Trainers deckt sich damit mit der schriftlichen Stellungnahme des offiziellen Beobachters. Eine Vernehmung des Beobachters in einem weiteren Termin würde nach Einschätzung des Verbandsgerichts nicht zu einem anderen Er-gebnis führen.
Danach war dem Berufungsführer eine diskriminierende Beleidigung der Gegenspie-ler nicht nachzuweisen. Das Verbandsgericht konnte daher abschließend entschei-den.
Das Verfahren und das Urteil des JRA begegnen im Übrigen erheblicher rechtlicher Bedenken. Zum einen hätten die Beobachter des Spiels weder an der Verhandlung noch an der Entscheidung als Beisitzer teilnehmen dürfen. Sie haben über ihre Wahrnehmungen geurteilt.
Weiterhin hätte der JRA seine Entscheidung nicht auf die schriftlichen Berichte stüt-zen dürfen. Die Beobachter waren Zeugen und hätten als solche vernommen werden müssen. Dem Berufungsführer hätte eine Fragemöglichkeit eingeräumt werden müs-sen. Das war ausweislich des Protokolls nicht geschehen.
Das Urteil des JRA war daher aufzuheben und das Verfahren gegen den Berufungs-führer einzustellen. Die Kostenfolge ergibt sich aus den §§ 39 und 40 RuVO. Der Berufungsführer hätte bereits in der ersten Instanz Zeugen aufbieten können, die seine Einlassung bestätigen konnten. Daher waren die Verfahrenskosten zu erheben.
In der Verhandlung vor dem Verbandsgericht hat sich ergeben, dass eventuell dis-kriminierende Äußerungen seitens des FC Türkiye gefallen sein könnten. Der Vor-gang wird daher an den JRA zur weiteren Ermittlung und ggf. um Einleitung eines Verfahrens abgegeben.
Zeißing
Vorsitzender des Verbandsgerichts