„Es muss normal sein, dass Frauen und Männer, Jungs und Mädchen gemeinsam Fußball spielen“

Bei der Fachversammlung für Frauen- und Mädchenfußball am 24. März wurde sie als Vorsitzende wiedergewählt. Andrea Nuszkowski steht somit auch in den nächsten vier Jahren an der Spitze des Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußballs (AFM) im Hamburger Fußball-Verband.

Welche Themen sie jetzt besonders in Angriff nehmen will und welche Herausforderungen es zu bewältigen gibt? Wir haben mit ihr gesprochen und wagen einen Blick nach vorn – und schauen zurück auf ein schwieriges Corona-Jahr. 

HFV: Hallo Andrea! Was sind jetzt die Themen, die du besonders angehen willst?

Andrea Nuszkowski: Ein Schwerpunkt ist, dass wir mehr Frauen im Fußball in Führungspositionen bringen möchten, sodass viel mehr Frauen auch in den Gremien sind. Was uns schon seit Jahren besonders am Herzen liegt, ist, dass wir mehr Frauen in die Ausbildung bekommen wollen: mehr Trainerinnen, mehr Schiedsrichterinnen. Wenn wir viele Mädchen motivieren wollen, mit dem Fußball anzufangen, dann brauchen wir dafür auch tolle Trainerinnen. Es muss einfach ganz normal sein, dass wir alle, Frauen und Männer, Jungs und Mädchen, gemeinsam Fußball spielen. Außerdem liegt unser Hauptschwerpunkt darin, Mädchen für den Fußball zu begeistern. Für dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, noch mehr in die Vereine zu gehen, die bisher noch keine Mädchenmannschaften haben. Die wollen wir davon überzeugen, wie toll es ist, Frauen und Mädchen zu integrieren!
HFV: Die Probleme im Bereich Ausbildung und Nachwuchs, auch darin, mehr Frauen in Führungspositionen im Fußball zu etablieren – die sind ja nicht neu. Welche konkreten Ansätze siehst Du hier?
Andrea Nuszkowski: Der erste Schritt ist vor eineinhalb Jahren getan worden, als wir den Frauen- und Mädchenfußball auch im Sportfördervertrag verankern konnten, und uns somit mehr Gelder zur Verfügung stehen. Mit Magdalena Schiefer haben wir jetzt eine Verbandssportlehrerin. Außerdem gibt es Leadership-Programme und die „Frauen im Hamburger Fußball“ (FiHF), die etwas bewegen wollen. Auch im Schiedsrichterwesen sind wir mit Kirstin Warns-Becker in engem Austausch und versuchen, gezielt Schiedsrichterinnen-Lehrgänge anzubieten. Und vor allem die Außendarstellung, die Präsenz des Frauen- und Mädchenfußballs in der Öffentlichkeit ist sehr wichtig, sei es über Außenwerbung, Presse oder vor allem Social Media. Ich finde, dass der Hamburger Fußball-Verband sich insgesamt sehr offen und bereit zeigt, im Frauen- und Mädchenfußball mitzuwirken. Das finde ich sehr positiv und möchte ein dickes Lob aussprechen.
HFV: Inwiefern weiß man denn, ob die Angebote und Programme, die Du angesprochen hast, wirken? Wie ist die Entwicklung?
Andrea Nuszkowski: Es ist schon so, dass Frauen, die diese Leadership-Programme durchlaufen, wirklich davon profitieren und in ihren Vereinen neue Positionen besetzen und Verantwortung übernehmen, egal in welchem Bereich.


HFV: Welche Probleme gibt es konkret im Frauen-Bereich?

Andrea Nuszkowski: Es ist immer schwierig, gefestigte Strukturen aufzubrechen. Ein Problem ist vielleicht auch, dass einige aktive Frauen, die man in andere Positionen bringen möchte, sich lieber vollständig einer Aufgabe widmen wollen, die sie dann aber zu hundert Prozent machen. Man kann sich ja auch nicht vierteilen: Familie, Job, vielleicht noch Ehrenamt… Das kann schon teilweise eine große Belastung sein, bei der für das Ehrenamt vielleicht manchmal keine Zeit mehr bleibt.
 
HFV: Was hat dich trotzdem dazu bewogen, dieses Ehrenamt als Vorsitzende anzunehmen?
Andrea Nuszkowski: Ich sage mal so, meine Vorgängerin Hannelore Ratzeburg hatte dieses Amt 44 Jahre inne und hat den Frauen- und Mädchenfußball in Hamburg beispiellos geprägt. Sie ist ja auch DFB-Vizepräsidentin. Und als sie mich damals gefragt hat, ob ich mir nicht vorstellen könnte, ihren Part als Vorsitzende des AFM hier beim HFV zu übernehmen, da habe ich gezweifelt. Und da sagte Hanne zu mir: „Andrea, es ist einfach learning by doing“. Und das stimmt, viele Dinge lernt man erst, wenn man sie anpackt. Man sollte gar nicht so sehr drüber nachdenken, denn man kann nichts falsch machen, man lernt immer dazu. Und das macht Spaß – Ehrenamt macht einfach Spaß! Und ich würde mich freuen, wenn sich viel mehr junge Menschen trauen, ein Ehrenamt zu haben. Man denkt vielleicht, Ehrenamt ist trocken, aber das stimmt nicht!
HFV: Wenn wir auf das letzte Jahr zurückblicken, ist die Corona-Pandemie natürlich nicht zu übersehen. Inwiefern hat das den Frauen- und Mädchenbereich getroffen und vielleicht auch zurückgeworfen?
Andrea Nuszkowski: Grundsätzlich haben wir dieselben Probleme in unserem Bereich wie die Herren und die Jugend auch. Das größte Problem ist, dass wir nicht auf die Fußballplätze können. Im Frauen- und Mädchenbereich können wir die konkreten Entwicklungen aktuell noch nicht abschätzen. Da müssen wir abwarten, wie die Meldungen zur neuen Saison aussehen, wie die Vereine das kompensieren konnten. Wir wissen natürlich, dass wir zum Jahreswechsel 2020/21 schon weniger Meldungen hatten. Aber das ist in allen Bereichen so, nicht nur bei den Frauen und Mädchen. Wovon ich vor allem begeistert bin, ist das, was die Vereine alles auf die Beine gestellt haben, um ihre Mannschaften zusammenzuhalten. Das habe ich vor allem in den sozialen Medien gesehen. Da möchte ich ein dickes Lob und meinen Respekt an alle aussprechen, die sich in den Vereinen tagtäglich dafür einsetzen, dass der Kontakt nicht verloren geht, und dass das Miteinander auch auf Distanz stattfindet.
 
HFV: Vielen Dank für deine offenen Worte!

Das Interview führte Jana Münnig.

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